Ob Sie Ihre Zielgruppen als „Personas“ visualisieren, mit dem Sinus-Milieu-Modell arbeiten oder einen anderen lebensweltorientierten Ansatz wählen: Damit Bildungsmarketing praktisch umsetzbar ist, braucht es Wissen über wichtige Planungs-Aspekte, zum Beispiel:

• Bildungserfahrungen, Interessen oder Barrieren auf Seiten der Zielgruppe
• Zeitliche, örtliche und weitere Präferenzen der Zielgruppe
• Ansprüche der Zielgruppe an Methoden, Inhalte und Ambiente
• Finanzielle Möglichkeiten und Einschränkungen auf Seiten der Zielgruppe
• Die Selbsteinschätzung als Anbieter, zum Beispiel entlang der Frage „Welches Milieu ist in unserem Team in der Mehrheit?“

Darüber hinaus braucht es Klarheit über Sprache und Sprachverwendung. Denn ein Zielgruppen-Modell als Analyseinstrument und zur Planung nutzen, das ist nur das eine. Mindestens ebenso wichtig ist es, das daraus gewonnene Wissen konkret in einladende Texte zu übersetzen. Dabei helfen Leitfragen zur Ansprache von Zielgruppen. Ich selbst arbeite seit fast 20 Jahren mit den Sinus-Milieus. Deshalb nutze ich im Folgenden an einigen Stellen Beispiele und Begrifflichkeiten aus diesem Modell. Die grundlegenden Überlegungen sind selbstverständlich auf alle Zielgruppen-Modelle übertragbar.

4 Leitfragen zur Ansprache von Zielgruppen

1. Welche Werte, Bedürfnisse und Impulse leiten die Zielgruppe? Hier geht es zum Beispiel um Glaubenssätze („Wohlstand ist Ergebnis von Leistung“ – „Das Leben besteht aus Herausforderungen“). Und es geht um Ziele („Beruflichen Erfolg und privates Glück verbinden“ – „Das Leben genießen: jetzt und gleich“).

2. Welcher Stil, welches Wording spricht die Zielgruppe an? Sie oder Du? Witzig oder seriös? Welche sprachlichen Fallen gilt es zu vermeiden? Und welche Begriffe sind für die Zielgruppe zentral? Denn natürlich macht es einen Unterschied, ob das die Begriffe „Nachhaltigkeit, Vielfalt, Engagement“ sind oder „Flexibilität, Sicherheit, Leistung“.

3. Was sind positiv besetzte Signalwörter und negative Reizwörter? Für manche Zielgruppen ist zum Beispiel die Mischung aus deutschen und englischen Begriffen, das sogenannte „Denglish“, negativ besetzt. Begriffe wie „Coaching“, „Performance“, „Lifestyle“ fungieren hier als Reizwörter. Performer, aber auch Adaptiv-Pragmatische haben damit keine Probleme. Oder nehmen wir das Wort „Ritual“. Nur in wenigen Milieus gehört dieser Begriff zum aktiven Wortschatz und ist gleichzeitig positiv konnotiert. Vor allem im hedonistischen, aber auch im adaptiv-pragmatischen Milieu oder bei Performern ist das Wort eher negativ bewertet. Das bedeutet aber nicht, dass hier keine Rituale gepflegt werden – vielmehr werden ritualähnliche Handlungen nicht als Rituale erkannt oder zumindest nicht als solche benannt.

4. Was sind Nutzenerwartungen der Zielgruppe? Was ist den Menschen wichtig? Wie unterscheidet sich der milieuspezifische Nutzen vom Nutzen für ein anderes Milieu? Die einen wollen zum Beispiel Tipps und Tricks zu herausfordernden Lebens-Situationen, andere suchen geistreiche Anregungen, die Auseinandersetzung mit Ideen und niveauvollen Menschen, wieder andere möchten konkrete Leistungs- und Erfolgsziele erreichen. Umfassende Bildung, ausführliche Hintergrundinformationen und fundierte Beschäftigung mit Werten – das ist nur noch für eine Minderheit der Milieus bedeutsam. Für alle anderen Milieus ist die unmittelbare praktische Verwertbarkeit von Wissen in der Regel wichtiger.

Tipp: Stellen Sie 2 Milieus sprachlich gegenüber!
Wertvolle Erkenntnisse und hilfreiche Aha-Effekte gibt es in der Regel bei der konkreten Gegenüberstellung von zwei unterschiedlichen Zielgruppen. Dabei lassen sich Nutzenargumente, Inhalte und Stichworte direkt vergleichen.

Ein Beispiel: Eine spirituelle Tour durch den Landkreis in zwei Versionen.

Inhalte und Stichworte für Postmaterielle
• stille Wege – starke Menschen
• In der Natur geheimnisvolle Wege entdecken und starke Menschen, Vorbilder aus der Region kennenlernen, die „gegen den Strom“ geschwommen sind und sich engagiert haben.
• kulturelle Schätze entdecken
• ungewöhnlicher Blick auf Heimat
• Miteinander, Austausch in der Gruppe
• Impulse für den eigenen Weg
• Bestärkung für gesellschaftliches Engagement

Inhalte und Stichworte für Adaptiv-Pragmatische
• Kraft tanken für neue Herausforderungen
• pilgernde Entdeckungstour durch den Landkreis
• Outdoor-Erlebnis
• am Trend Pilgern teilhaben
• mit netten Leuten
• Kräfte sammeln, auftanken
• Vorbilder kennenlernen, Lernen von den Besten, Menschen die etwas geschafft haben
• Impulse zur Zielfindung: Wo will ich hin?